Gestützt auf Art. 58 BSG, Art. 165 BSV, § 2 des Gesetzes über die Wasserrechte vom 2. März 1875 und § 23 Abs. 1 NLG erliess der Regierungsrat des Kantons Luzern am 18. Februar 2011 die Verordnung über die Schifffahrt (SRL Nr. 787). Die Verordnung gilt auf den öffentlichen Gewässern des Kantons Luzern, soweit nicht interkantonale Vereinbarungen Anwendung finden (§ 2 Abs. 1) und ist am 1. März 2011 in Kraft getreten. Gleichzeitig wurde die alte Verordnung über die Schifffahrt vom 11. Januar 1982 aufgehoben.
Unter der alten Verordnung fand sich in § 32a eine Bestimmung mit dem Ingress "Drachensegeln", welche wie folgt lautete: "Das Drachensegeln ist auf dem Sempachersee freigegeben, ausser im Trichter von Sursee." Ein "Drachensegelbrett" ist ein Schiff, das von Fluggeräten (Flugdrachen, Drachenfallschirmen und ähnlichen, nicht motorisierten Geräten) geschleppt und zum Drachensegeln verwendet wird (Art. 2 lit. a Ziff. 16 i.V.m. Ziff. 1 BSV).
In der nun gültigen Verordnung über die Schifffahrt vom 18. Februar 2011 findet sich keine Bestimmung mehr über das Drachensegeln.
A, B, C, D und E, alle aktive Drachensegler, stellten im Rahmen eines Normprüfungsverfahrens beim Verwaltungsgericht folgende Anträge: Die Verordnung über die Schifffahrt vom 18. Februar 2011 sei aufzuheben und der Regierungsrat des Kantons Luzern sei anzuweisen, eine neue Verordnung über die Schifffahrt zu erlassen, die das Fahren mit Drachensegelbrettern auf dem Sempachersee innerhalb verhältnismässiger und das Rechtsgleichheitsprinzip beachtender Einschränkungen freigibt. Eventuell sei die Verordnung über die Schifffahrt vom 18. Februar 2011 aufzuheben. Das Verwaltungsgericht trat auf den Prüfungsantrag nicht ein.
Aus den Erwägungen:
2. - a) Gemäss § 188 Abs. 1 VRG prüft das Verwaltungsgericht auf Antrag, ob bestimmte Rechtssätze verwaltungsrechtlichen Inhalts in Erlassen der Gemeinwesen (§ 1) verfassungsoder gesetzeswidrig sind sonstwie einem übergeordneten Rechtssatz widersprechen. Ausgenommen von dieser Prüfung sind u.a. die Kantonsverfassung, die kantonalen Gesetze und die Dekrete (§ 188 Abs. 2 lit. a VRG; LGVE 2009 II Nr. 38).
b) Gegenstand eines Prüfungsantrages können ausschliesslich bestimmte Rechtssätze sein. Als Rechtssatz gilt eine generell-abstrakte Anordnung bzw. Norm, die sich an eine unbestimmte Zahl von Adressaten richtet und auf die Regelung unbestimmt vieler Fälle abzielt (BGE 121 II 478, 112 Ib 251, 101 Ia 74; Imboden/Rhinow, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Bd. I, Nr. 5 B II; Rhinow/Krähenmann, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, Nr. 5 B II mit Hinweisen). Inhaltlich begründet der Rechtssatz Rechte und Pflichten der Bürger regelt Organisation, Zuständigkeit Aufgaben der Behörden das Verfahren (ZBl 1998 S. 429; Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl., Zürich 2010, Rz. 383). Rechtssätze unterstehen nur dann der gerichtlichen Normenkontrolle, wenn sie einen verwaltungsrechtlichen Inhalt haben. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts sind darunter Vorschriften zu verstehen, die vom Verwaltungsgericht und von Verwaltungsbehörden anzuwenden sind (LGVE 2009 II Nr. 38 E. 3b mit Hinweis).
Die vom Regierungsrat des Kantons Luzern erlassene Schifffahrtsverordnung vom 18. Februar 2011 richtet sich an die Allgemeinheit, ist mithin generell-abstrakt (sog. "Rechtsverordnung"). Damit kommt ihr Rechtssatzcharakter zu, weshalb sie Gegenstand eines Normprüfungsverfahrens sein kann.
3. - a) Die abstrakte Normenkontrolle - wie die Prüfung von Rechtssätzen auch genannt wird - greift Platz, wenn aus Gründen der Rechtssicherheit und der Verfahrensökonomie eine allgemeine Feststellung der Rechtmässigkeit einer mehrerer Normen angezeigt ist. Damit kann im Hinblick auf die Anwendung des dem Gericht unterbreiteten Rechtssatzes die Rechtslage geklärt, und widerstreitende Auffassungen Auslegungen können für die interessierten Personen entschieden werden (vgl. zum Ganzen: LGVE 2009 II Nr. 38 E. 3a mit Hinweis auf LGVE 1985 II Nr. 48).
b) Soll eine Norm auf ihre Übereinstimmung mit übergeordnetem Recht überprüft werden, ist das Vorhandensein einer solchen unabdingbare Voraussetzung. Vorliegend verhält es sich jedoch so, dass hinsichtlich Drachensegeln auf dem Sempachersee in der neuen Verordnung über die Schifffahrt eben keine Bestimmung vorhanden ist. Der Umstand, dass eine Norm der früheren (und nun aufgehobenen) Verordnung in den neuen regierungsrätlichen Rechtssetzungsakt nicht übernommen wurde, stellt keinen möglichen Tatbestand einer abstrakten Normenkontrolle im Sinn der §§ 188ff. VRG dar. Es fehlt schlicht am bestimmten Rechtssatz, dessen Verfassungsoder Gesetzmässigkeit das Verwaltungsgericht zu prüfen berufen wäre. Die Antragsteller gehen - wie auch der Antragsgegner - davon aus, dass die neue Verordnung des Regierungsrates das Drachensegeln auf dem Sempachersee nicht mehr zulässt. Sie fechten aber keinen bestimmten Rechtssatz (konkrete Norm) an, mit dessen Aufhebung die Zulässigkeit des Drachensegelns im Rahmen der bisherigen Ordnung wieder begründet werden könnte. Soweit sich die Antragsteller auf die Stufe der Auslegung begeben, indem sie aus den jetzt geltenden bundesund kantonalrechtlichen Grundlagen ein Verbot des Drachensegelns auf dem Sempachersee herleiten, kann diese Frage nach dem Gesagten nicht Gegenstand eines Normprüfungsverfahrens sein. Ihre diesbezüglichen Ausführungen sind nicht zielführend.
Dass diese Sicht zutreffen muss, ergibt sich auch aus § 192 VRG. Denn wird im Rahmen eines Erlassoder Normprüfungsverfahrens die Verfassungsoder Gesetzeswidrigkeit des angefochtenen Rechtssatzes festgestellt, so hebt das Verwaltungsgericht diesen auf. Eine Aufhebung kann systemimmanent jedoch nur dann erfolgen, wenn ein Rechtssatz gegeben ist. Damit ergibt sich, dass auf das Normprüfungsbegehren der Antragsteller nicht eingetreten werden kann.
c) Darüber hinaus ist es aus staatsund verfassungsrechtlichen Gründen ausgeschlossen, dass ein Gericht ein gesetzgebendes Organ dazu anhalten könnte, einen neuen Rechtssatz zu erlassen (vgl. dazu Häfelin/Haller/Keller, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 7. Aufl., Zürich 2008, Rz. 1406). So sieht denn § 192 VRG wie vorstehend erwähnt lediglich die Aufhebung einer verfassungsoder gesetzeswidrigen Bestimmung vor. Das Gericht versagt der entsprechenden Norm deren Anwendung. Ob der Gesetzgeber unter diesen Umständen eine neue Norm erlassen will, liegt in seinem Ermessen und entzieht sich der gerichtlichen Kompetenz.
Soweit die Antragsteller begehren, das Verwaltungsgericht habe den Regierungsrat zu verpflichten, eine neue Verordnung über die Schifffahrt zu erlassen, so kann darauf nach dem Gesagten nicht näher eingegangen werden.
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